By the women of Babylon
Vorwort
Man sollte ja meinen, dass der alte Schmachtfetzen aus Frank Farians Feder auf der Playlist im Sündenpfuhl ganz oben stehen und in Heavy Rotation laufen müsste. Tut er aber nicht. Im Moment ist wohl Keith Marshall ganz hoch im Kurs, Only Crying, ich hab das Ding ungelogen mindestens fünf Mal gehört, By the Rivers of Babylon hingegen nur anderthalb Mal: Einmal im Original, und einmal in so einem Wurstmedley… die ganzen schönen alten Hits verwurstet.
Also: By the Rivers of Babylon.
Mitsingen. Alle. Jetzt. Ausreden lasse ich nicht gelten…
By the women of Babylon
there we sat down.
Ye-eah, we wept
when we remembered the New Law.
there we sat down.
Ye-eah, we wept
when we remembered the New Law.
Frühstück
Hm. Für das Frühstück bin ich wohl zu spät. Ganz schön geplündert, das Buffett… gut, dass ich in Tegel noch was gegessen habe. Mit einem Schälchen Heeßen beziehe ich B-Posten Lieblingsplatz. Fragen über Fragen.
Wo geht es zum sagenumwobenen Neuen Garten?
Wen vernasche ich zum Frühstück?
Und, da wir gerade beim Vernaschen sind: Wo ist diese äußerst schlanke Grazie mit dem Nina-Gesicht*?
Cosmina
Ich erkenne sie sofort: Cosmina. Beim letzten Mal wollte ich sie noch unbedingt haben. Vielleicht, weil ich sie nicht haben konnte, denn sie war ja heftig umliebeskaspert seinerzeit. Heute ist sie frei, heute langweilt sie sich, wie die meisten ihrer Kolleginnen, heute könnte ich sie haben.
Ich könnte, aber ich will nicht.
Männer sind schon komisch.
Ich bin schon komisch.
Antonia
Ich will Cosmina nicht haben, stattdessen will Antonia mich haben. Antonia langweilt sich, wie die meisten ihrer Kolleginnen. Männer sind knapp an diesem warmen Sommertag.
"Magst Du meine Lippen? "
"Welche Lippen, Antonia? "
Sie grinst, spreizt die Beine und zuppelt an ihren südlichen Lippen herum. Bemerkenswert, wirklich. Ich könnte ihre nördlichen Lippen küssen, ich könnte ihre südlichen Lippen küssen, da hab ich überhaupt keinen Zweifel. Zweifel hab ich aber dahingehend, ob ich bei ihr denn auch Vergnügen daran hätte.
Hey, wir sind im Puff, mir ist das schon klar. Aber: etwas dezenter dürfte es hier, in aller Öffentlichkeit schon sein, jedenfalls für mich. Ich bin nämlich schüchtern.
Ich bin schon komisch…
Kelly
Kelly ist da schon viel dezenter. Dass wir ins Gespräch kommen, bleibt nicht aus, sitzen wir doch gerade mal eine Armlänge auseinander. Madame macht das hochprofessionell, und als wir letztlich doch nicht ins Geschäft kommen, nimmt sie das nicht als endgültiges Nein.
"Wir sehen uns später."
"Vielleicht, vielleicht auch nicht."
Antonia bringt mir ein paar Aprikosen. Ja, ich hab langsam Hunger.
Aranca
Ich seh sie aus der Ferne am Büffettisch und weiß sofort: Gut, dass ich trotz der vielen süßen Verlockungen bislang Diät gehalten habe. Die will ich haben, und nur die.
Die Ausstrahlung, die dieses fröhliche, braungebrannte Geschöpf verströmt, spüre ich bis hinein in den entfernten Winkel, in dem ich mich verkrochen habe. Ich seh sie lachen, ich seh, wie sie ihren Körper dabei bewegt, und bin ihr verfallen.
Andere Kollegen wohl auch. Sie frühstückt gemeinsam mit einem Gast, die beiden entschwinden dann meinem Blickfeld.
Mein Magen knurrt. Wenn ich nicht verhungern will, sollte ich jetzt wenigstens irgendeine Kleinigkeit naschen.
Tanja
Hungrig drehe ich eine Runde durchs Haus. Ich schau mal oben ins Kino, ich schau mal unten in den Wellnessbereich, und ich schau mal in den Alten Garten, lasse mir die Sonne ein paar Minuten auf den Pelz brennen. In der Tür ins Haus stellt sich mir eine blondierte, kleine Maus in den Weg.
Ich schau sie mir an. Freches Lachen, freche Augen, schöne, volle nördliche Lippen und ein paar schöne, natürliche Tittchen. Warum eigentlich nicht?
Zum Kennenlernen verziehen wir uns kurz auf eine Couch. Tanja platziert mich zwischen sich und einer Kollegin…
"Das ist meine Schwester! "
"Ganz bestimmt. Aber ihr habt auch ganz bestimmt nicht den gleichen Vater."
Beide lachen.
"Sie ist meine Schwester hier."
Schon besser. Das Angebot, einen Dreier zu machen, lehne ich ab. Ich will schließlich nur eine Kleinigkeit naschen und kein opulentes Mahl.
[Fortsetzung folgt]
Legende:
* Nina = ex-Dienstleisterin in einem Berliner Großclub